Die Zukunft vorhersagen: Feinkosthersteller optimiert mittels Machine Learning seine Maschinenwartung
Popp Feinkost entwickelt gemeinsam mit DATA MART Consulting einen innovativen Prototypen zur vorausschauenden Wartung einer Fertigungsanlage.
Die Erfolgsgeschichte der Popp Feinkost GmbH beginnt 1920 mit der Eröffnung eines Feinkostladens in Dresden. In über einem Jahrhundert entstand bis zum heutigen Tag ein führendes Feinkost-Unternehmen mit rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das Unternehmen vereint traditionelle Werte mit modernsten Herangehensweisen und ist so zu einer beispiellosen Erfolgsgeschichte seiner Branche geworden.
Die Popp Feinkost GmbH produziert im schleswig-holsteinischen Kaltenkirchen wenige Kilometer nördlich von Hamburg in einer 15.000 m² großen Produktionshalle zahlreiche Feinkostprodukte, viele davon in Bioqualität. Das Unternehmen ist bereits seit 1988 ein Teil der Wernsing Food Family. Diese beschäftigt an elf Produktionsstandorten in Europa rund 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erwirtschaftet einen jährlichen Umsatz von über 1,9 Milliarden Euro.
Neben ihren Eigenmarken produziert die Popp Feinkost GmbH auch die Subbrands vieler Lebensmittelhändler und Discounter. Das Unternehmen ist in Deutschland bei Feinkostsalaten und gekühlten Brotaufstrichen Marktführer. Popp legt außerdem seit vielen Jahren einen großen Wert auf Nachhaltigkeit. Dazu gehören unter anderem transparente Lieferketten sowie ein eigenes Entsorgungszentrum inklusive Biogasanlage.
Wunsch nach vorausschauender Maschinenwartung
Ein essenzieller Teil des unternehmerischen Erfolges von Popp Feinkost liegt in der kontinuierlichen Anpassung an die jeweils aktuellen Marktgegebenheiten und technischen Möglichkeiten. Im Rahmen eines umfassenden Strategieprozesses hat das Unternehmen daher vor Kurzem unter anderem eine Digitalisierungsinitiative gestartet. In dieser arbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interdisziplinär, um Popp bei digitalen Prozessen und deren optimaler Nutzung in allen
relevanten Geschäftsbereichen stets auf dem neuesten Stand zu halten. Das Unternehmen nutzt bereits seit einigen Jahren Business Intelligence-Lösungen, um Geschäftsdaten zu analysieren und fundierte Entscheidungen treffen zu können. Aber obwohl Business Intelligence wertvolle Ergebnisse für systematische Analysen und Verbesserungen liefert, arbeitet sie rückblickend mit vergangenheitsbezogenen Daten.
Als Hersteller, der mit Dutzenden spezialisierter Maschinen zeitkritisch frische Lebensmittel produziert, ist die konstante und fehlerfreie Funktion der Fertigungsanlagen für Popp essenziell. Das Unternehmen wollte daher mittels der innerhalb seiner Produktion verfügbaren Betriebsdaten vorhersagen können, wann Maschinen mit welcher Wahrscheinlichkeit ausfallen könnten. Im Gegensatz zu klassischen Wartungsarbeiten in vordefinierten Intervallen wollte Popp mit diesem neuen Ansatz Problemen nicht nur vorbeugen, sondern sie bereits vor ihrer Entstehung verhindern. Durch dieses „Frühwarnsystem“ sollen Material und Zeit gespart sowie Produktionsausfälle verhindert werden. Der Ansatz der Digitalisierungsgruppe stieß auf breite Unterstützung in allen Ebenen des Unternehmens einschließlich der Geschäftsführung und wurde zeitnah als Projekt formuliert und in Auftrag gegeben.
Individuelle Lösung und Beratung
Da die IT-Abteilung der Wernsing-Gruppe bereits gute Erfahrungen mit DATA MART Consulting gemacht hatte, wandte sich auch Popp mit seiner Projektidee Ende 2023 an die Hamburger Spezialisten für BI, Analytics und Data Warehousing. Diese entwickelten speziell für die Anforderungen von Popp in gegenseitiger Abstimmung den individuellen Prototypen einer maßgeschneiderten Analyse-Software. Diese sollte zunächst die aktuelle Situation erfassen und wichtige Erkenntnisse liefern, ob und in welcher Form die Idee eines vorausschauenden Maschinenmanagements mit den vorhandenen Daten erreicht werden kann. „Besonders wertvoll war für uns die konstruktive Begleitung des Projekts durch die Berater von DATA MART“, sagt Daniel Mohr, verantwortlich für das Projekt bei der Popp GmbH. „Da wir eine individuelle Lösung und kein Produkt von der Stange wollten, war die technische und fachliche Einschätzung inklusive konstruktiver Kritik und angepasster Lösungsvorschläge seitens der DATA MART Spezialisten immens wertvoll.“
Fokus auf essenzielle Fertigungsmaschine
Im Mittelpunkt des Projekts stand die kontinuierliche Produktionslinie für Mayonnaise. Dieser ist essenziell für die Herstellung der verschiedenen Mayonnaisen und damit existenziell für das Gros des Popp-Produktportfolios. Bei einem Ausfall dieser Schlüsselmaschine stehen weite Teile der gesamten Fertigung still. Aber auch die verschiedenen Abfüllanlagen wurden in das Gesamtprojekt einbezogen, da auch hier Ausfälle teils erhebliche Auswirkungen auf die Produktion haben würden.
Um zukünftig mit Hilfe von Messwerten vorhersagen zu können, ob Maschinen in der näheren Zukunft einen Defekt erleiden werden, müsste der eingesetzten KI zunächst anhand von vergangenen Daten gezeigt werden, wie ein Fehler aussieht. Je besser diese Trainingsdaten sind, desto besser wird das Modell und damit die Vorhersagewahrscheinlichkeit. Bei der Mayonnaisen-Produktionslinie wurden während der Prototyp-Phase 23 verschiedene Daten wie Durchflussmengen, Drücke, Kühlerniveaus, Stromverbrauch oder Temperaturen in sekündlicher Granularität oder in gewichteten Durchschnitten erfasst. Zusätzlich wurde ein manuelles Störungsprotokoll mit einem ungefähren Zeitstempel und einer kurzen Fehlerbeschreibung erstellt, das ebenfalls in die Analysen einfloss.
Das Projekt wurde Ende Juni 2024 abgeschlossen. Obwohl die erhobenen und ausgewerteten Datensätze noch nicht ausreichend für den Grundansatz der vorausschauenden Planung von Wartungsarbeiten waren, belegten die gewonnenen Erkenntnisse anschaulich, was mit geeigneten Daten alles möglich ist.
„Der KI-Prototyp zeigte, dass eine optimierte Datenauswertung erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen würde,“ erläutert Simon Somplatzki, Leiter Controlling und Finanzen bei der Popp GmbH. „Gemäß den Experten von DATA MART könnten wir mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bis zu vier Stunden im Voraus einen Fehler vorhersagen und vorbeugend beheben.“
Angesichts dieses beeindruckenden Ergebnisses hat das Feinkostunternehmen bereits ein Folgeprojekt für eine Optimierungsphase des ersten Projekts aufgesetzt, das auf dessen Erkenntnissen aufbaut. Dieses wird zwar bis zu seiner Fertigstellung einige Zeit dauern, Popp aber anschließend einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Wirtschaftliche Vorteile und Alleinstellungsmerkmal
Nach Abschluss des Optimierungsprozesses ist es zukünftig sogar denkbar, dass man bei Popp nicht nur vorher weiß, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit demnächst ein Fehler auftreten wird, sondern dass darüber hinaus erkennbar sein wird, dass dieser zukünftige Fehler an einem bestimmten Teil oder Prozess liegen wird. Damit können die Techniker des Unternehmens dann zusätzlich zu den vordefinieren Wartungs- und Prüfarbeiten vorausschauend intervenieren und wertvolle Ressourcen sparen.